Im Winter wird diese Stadt von knapp 90.000 Einwohnern zu einer großartigen Kulisse für Zeitreisende. Egal wohin man geht: wilde Musik oder zarte Klänge von Esslinger Vereinen bis hin zu bekannten Künstlern, Stelzenläufern, Verwandlungskünstlern, Magiern, Jongleuren und das täglich auf vier Bühnen am Marktplatz, Rathausplatz, Hafenmarkt und Zwergenland (Kleiner Markt). Mit über 80 Ständen es ab Dienstag nach dem 1. Advent bis zum 22. Dezember, hat man die Möglichkeit das größten Mittelalterspektakel Deutschlands zu genießen.
Dieses Jahr werden auf dem Mittelaltermarkt, u. a. Duo Spectaculatius, Varius Coloribus, Scharlatan, Les Dragons du Cormyr, Tornals mit Derwish, Mimikry, Zirkus Meer und Satolstelamanderfanz. Am 11. und 12. Dezember wird in der Kirche St. Paul die Gruppe Faun zwei Akustik-konzerte anbieten.
Wir haben Oliver S.Tyr getroffen mehr darüber zu erfahren.
Es ist nicht das erste Mal dass Faun in Esslingen auftritt. Wie kam es das erste Mal dazu? Was ist in eurer Erinnerung geblieben?
Wir haben auch in der Dieselstrasse selbst gespielt, eine schöne Venue für Konzerte. Ich weiß aber nicht mehr genau, wie wir damals das erste Mal nach Esslingen gekommen sind. Ich meine, es hing wieder mit der Dieselstrasse zusammen. Martin Friedrich ist da sehr aktiv, und macht ein tolles Programm. Es gibt viele Künstler aus der Folk- und World Music Szene, die zwar nicht viele kennen, aber die wirkliche Stars sind. Das Booking der Dieselstrasse muss einfach gelobt werden,
Was ist, eurer Meinung nach, so besonders an dieser Stadt?
Ich kenne sie eigentlich nur vom Weihnachtsmarkt, aber was ich sofort gemerkt habe, ist dass es eine sehr schöne Altstadt hat mit vielen Fachwerkhäusern. Das Flair ist einmalig und besonders, auch wenn ich nicht sagen kann wie es zu anderen Jahreszeiten ist. Ich hatte nie so wirklich Zeit die Stadt zu erkunden. Da wir aber dieses Jahr zwei Konzerte geben werden, kannst du mich danach gerne nochmal fragen. Dann weiß ich vielleicht mehr.
Mittelaltermarkt und Weihnachtsmarkt: wie steht ihr dazu?
Der Weihnachtsmarkt ist sehr toll. Ich kenne dort sehr viele Leute aus meiner Vergangenheit und der Mittelalterszene, und ich finde es schön sie mal in diesem Ambiente wiederzusehen. Wenn es mir erlaubt ist, würde ich den Individualismus des Weihnachtsmarkts per se hervorheben. Ich finde es nicht sehr schön, in irgendeine große Kette zu gehen und dort Weihnachtsgeschenke zu kaufen, weil die meisten Produkte in asiatischen Ländern – unter fürchterlichen Bedingungen – produziert werden und, andererseits, einfach Massenware sind, die man hunderttausend Male in der Welt findet. Es mag zwar teurer sein und, zuweilen, kann es auch heißen weniger Geschenke zu machen, aber es ist doch schöner individuelle Geschenke zu kaufen, die Handwerker selbst erstellt haben. Die beiden Märkte zu kombinieren ist noch interessanter, weil die angebotene Ware noch individueller und besonderer ist. Es ist ja nicht unbekannt, dass einige Weihnachtsmärkte, in der Zwischenzeit, auch Massenware anbieten und weniger auf Handwerk spezialisiert sind. Esslingen hat verstanden welch Potential in dieser Kombination liegt, und hat die Gelegenheit beim Schopf ergriffen ein einzigartiges Erlebnis zu bieten.
Die Location ist eine Kirche. Welche Herausforderung stellt dies dar?
Es ist eigentlich nicht als eine Herausforderung zu verstehen, weil Musik zu machen immer eine Freude ist. Die Kirche St. Paul, allerdings ist etwas ganz besonderes. Erstens ist es eine sehr schöne Kirche und zweitens „funktionieren“ Konzerte in der Kirche besser: die Akustik verleiht der Musik ein anderes Gewand. Dieses natürliche Hall-Phänomen passt perfekt zu einigen Stücken, während man andere komplett weg lassen muss. Es wäre schwierig mit sehr großen Trommeln zu arbeiten, des Echos wegen, aber für Flöte, Geige, Harfe und Gesang ist diese Akustik der ruhigen Monumente wie geschaffen: man hat automatisch dieses verträumte Leichte, das vom Hall der Kirche erzeugt wird. Dieser Effekt kann von keinem Computer nachgeahmt werden. Besonders ruhige Lieder, zum Beispiel mit Harfe und Gesang, funktionieren in dieser Konstellation extrem gut.
Das Programm wird “ruhiger” sein. Wie wird die Auswahl der Setlist getroffen? Was darf das Publikum von euch erwarten und was erwartet ihr vom Publikum?
Wir haben eigentlich schon im Oktober mit der Zusammenstellung der Setlist angefangen: ich hatte eine große Liste mit allen Faun-Akustik-Nummern vorbereit, die wir dann mit der Band durchgegangen sind. In der Zwischenzeit haben wir so viele Lieder dass man locker mehrere Programmen zusammenstellen koennte. Wir haben zusammen überlegt welche Lieder am besten einerseits zur Venue (der Kirche St. Paul) und andererseits zu Weihnachten und/oder zur winterlichen Zeit passten und, nicht zuletzt, unter diesen dann die Lieder die wir am liebsten wieder spielen wollten. So ist die Setliste entstanden, die, wie ich zugeben muss, sehr viele alte Lieder vorweist, wie Balladen mit Harfe und Gesang: hauptsächlich ruhige Stücke, da es ja ein Sitzkonzert ist und es sonst nicht richtig passen würde,
Werden auch neue Lieder zu hören sein?
Wir werden sicherlich ein paar Nummern aus den letzten 2-3 CDs spielen, aber da wir im Moment auch aktiv an neuen Liedern arbeiten, könnte es sein, dass es auch komplett neue Liedern zu hören geben wird. Versprechen kann ich es allerdings nicht, weil wir da eher sehr perfektionistisch sind, und wir mit dem Ergebnis zufrieden sein muessen. Es könnte also sein dass das Esslinger Publikumskonzert 1-2 Kostproben aus unserer neuen CD zu hören kriegt.
Persönlich bevorzugt ihr eher Akustik oder “rhythmischere” Konzerte?
Das kann man nicht so schwarz-weiß beantworten, denn beide Aspekte sind ein Teil unseres Künstlerdasein und unserer Auftritte. Einerseits gibt es das mit sehr viel elektronischen Beats und andererseits die Akustikwelt. Beide haben Vor- und Nachteile: ein Programm eignet sich mehr für große Festivals und Mittelalterspektakel und das andere mehr für kleinere Räume.Ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass wir uns nie für eine der beiden Richtungen entscheiden werden, weil wir und das Publikum einfach beide brauchen.
Wie werden die Faune die Adventszeit und Weihnachtszeit verbringen?
Unsere letzten Konzerte dieses Jahr werden die beiden in Esslingen sein, aber dass heisst nicht dass wir keine Zeit miteinander verbringen werden. Wir haben schon geplant uns im Studio, oder zuhause in kleinen Gruppen zu treffen um zusammen am neuen Album zu arbeiten: Ideen sammeln und zusammen musizieren, während man auch einen schönen warmen Tee genießen kann. Es ist die richtige Jahreszeit dafür: in sich zu gehen, Gedenken zusammenzufassen, das Erlebt des letzten Jahres durchzugehen, Bücher zu lesen, sich inspirieren zu lassen. Im Sommer, bei dem schönen Wetter, ist man ständig unterwegs und hat nie richtig Zeit dafür.
Wie sieht 2016 für Faun aus?
2015 war ein ereignisreiches Jahr und wir wünschen uns dass 2016 auch so, wenn nicht noch besser wird. Wir planen schon jetzt Auftritte und Festivalteilnahmen und wollen unsere neue CD rausbringen. Für die haben wir schon ein ganz neues Thema, das wir noch nicht verraten werden.
Foto s. Oliver S.Tyr dei Faun