In ganz Deutschland gehen am 1. Mai die Menschen auf die Straße, um am Tag der Arbeit für Solidarität und soziale Gerechtigkeit zu demonstrieren – allen voran die Gewerkschaften. Im niedersächsischen Northeim stand die Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Dgb) dieses Jahr jedoch unter besonderen Vorzeichen: denn am 22. Mai will in dieser Stadt die rechtsextreme Npd ihren Landesparteitag abhalten – und das gegen den Willen des Stadtrates.
Beim Demonstrationsmarsch durch die Innenstadt und den anschließenden Festreden setzten die Bürger Northeims gemeinsam mit den Gewerkschaften ein deutliches Zeichen: Rechtsradikale haben in dieser Gesellschaft keinen Platz Hauptredner auf der Maikundgebung war Giovanni Pollice, Leiter der Abteilung Migration/Integration der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (Igbce).
Er stellte unmissverständlich klar: „Rechtsextremismus muss vom Staat und von jedem Einzelnen mit der notwendigen Härte bekämpft werden“. Denn diese Weltanschauung, so Pollice weiter, verstoße gegen alle Grundsätze des menschlichen Zusammenlebens. Das beherrschende Thema der Kundgebung war somit der Kampf gegen rechte Gesinnungen und Fremdenfeindlichkeit – aber es war bei Weitem nicht das einzige. Der Dgb und die Gewerkschaften verstehen sich als gesamtgesellschaftliche Akteure, deren Wirken sich nicht nur auf die Arbeitswelt beschränkt.
Von den Risiken der Kernenergie, über die Undurchlässigkeit des Bildungssystems, bis hin zu den Versäumnissen in der Integrationspolitik reichte die Bandbreite der angesprochenen Probleme. Viele Jahrzehnte habe die Politik die Einwanderungsrealität verkannt, bemängelt der Gewerkschafter Pollice, selbst Sohn italienischer Gastarbeiter: „Was man jetzt braucht, ist eine nachhaltige Integrationspolitik, die Chancengleichheit herstellt und Diskriminierung bekämpft“.
Als schädlich für das gesellschaftliche Klima sieht der Italiener die populistischen Debatten à la Sarrazin über muslimische Transfergeldempfänger und Integrationsverweigerer. Vielmehr müsste eine Kultur der Akzeptanz gefördert werden, die das kulturelle Potential der Migranten hervorhebt, erklärt Pollice. In diesem Kontext geht der Gewerkschafter auch mit der SPD hart ins Gericht: „ Wir brauchen keinen Zick- Zack-Kurs – Sarrazin erst ausschließen und die Entscheidung dann aus wahltaktischen Gründen zurücknehmen.
Das zahlt sich nicht aus!“ Im Fall der Npd ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Stadt versucht den Aufmarsch der Rechten mit allen Mitteln zu verhindern. Ob der Landesparteitag in Northeim nun stattfinden kann oder nicht, darüber wird das Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz zu entscheiden haben. Damit in Zukunft so eine Diskussion erst gar nicht mehr geführt werden muss, gibt es für Giovanni Pollice nur eine Lösung: „Es ist Zeit für ein neues Verbotsverfahren gegen die Npd. Diese Partei spaltet die Gesellschaft und führt sie in die Irre!“
Der 1. Mai ist ein Tag der Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität – das ist die eindeutige Botschaft, die von der Dgb-Veranstaltung in Northeim ausging. Die Klage der Stadt wurde letzlich vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt, so dass der Parteitag der Npd wie geplant stattfinden konnte. Weit über 1000 Menschen bekundeten jedoch auch an diesem Tag ihr Missfallen darüber und demonstrierten friedlich gegen den Npd-Kongress.